Selen fürs Pferd – wann liegt ein Selenmangel vor?
Selen ist sicher eines der bekannteren Spurenelemente und den meisten Pferdehaltern ein Begriff. In vielen Ställen, Fütterungsforen und den Sozialen Medien wird das Thema „Selen fürs Pferd“ ausgiebig und teilweise auch sehr kontrovers diskutiert. Die Meinungen reichen von „Selen ist total giftig für Pferde und darf gar nicht im Pferdefutter sein“ bis „Jedes Pferd braucht täglich Selen“. Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo in der Mitte. Sicher ist, Deutschland gilt als Selenmangelgebiet und sowohl Gras als auch Getreide weisen nur geringe Mengen Selen auf. Somit ist eine Supplementierung über das Pferdefutter wichtig, um einen Selenmangel beim Pferd auszugleichen bzw. zu vermeiden. Welche Wirkung Selen beim Pferd hat, wie eine Über- und Unterversorgung festgestellt werden kann und wie eine bedarfsgerechte Dosierung aussieht, erfahren Sie in unserem neuen Expertentipp.
Selen im Pferdefutter
Je nach Bodentyp, Ausgangsgestein und Bodenbeschaffenheit sind die Selengehalte im Boden von Region zu Region verschieden. Sand-, Moor- und Granitverwitterungsböden weisen naturgemäß niedrige Gehalte auf. Ganz Deutschland ist Selenmangelgebiet und innerhalb Deutschlands nehmen die Gehalte im Boden und damit in Gras, Heu, Heulage aber auch Getreide von Norden nach Süden hin ab. Der tägliche Selenbedarf des Pferdes, der je nach Alter und körperlicher Beanspruchung von Pferd zu Pferd verschieden ist (Zuchtstuten, Hengste, Fohlen und wachsende Pferde sowie Sportpferde haben einen höheren täglichen Bedarf) kann somit nicht gedeckt werden. Wird die Selenzufuhr nicht an den individuellen Bedarf angepasst, kommt es schnell zu einer Unterversorgung.
Wozu benötigt das Pferd Selen – seine Aufgaben im Pferdekörper
Selen übernimmt im Pferdekörper ganz unterschiedliche Aufgaben. Eingebaut in verschiedene Proteine, die dann unter dem Begriff Selenoproteine zusammengefasst werden, ist es an unzähligen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt. Insgesamt gibt es rund dreißig unterschiedliche Selenoproteine im Säugetierorganismus. Einige dieser Selenoproteine sind Enzyme, die so genannten Selenoenzyme. Die bekanntesten Vertreter dieser Enzyme sind wohl die Glutathionperoxidasen (GPx). Diese Enzyme sind wichtige Radikalfänger und schützen den Körper vor aggressiven Sauerstoffverbindungen.
Exkurs: aggressive Sauerstoffverbindungen
Um die Bedeutung von Selen für das Pferd besser zu erläutern, wollen wir an dieser Stelle kurz das Thema aggressive bzw. reaktive Sauerstoffverbindungen anschneiden. Im Körper der Säugetiere entstehen diese reaktiven Verbindungen des Sauerstoffs unter anderem bei der Zellatmung und bei Entzündungsprozessen aber auch durch exogene Einflüsse wie z.B. Umweltgifte oder auch Strahlung. Die besser unter dem Begriff „freie Radikale“ bekannten Sauerstoffverbindungen sind für den Organismus schädlich. Der Körper ist in der Lage, eine gewisse Menge an freien Radikalen zu neutralisieren. Dafür besitzt er eine Reihe verschiedener Enzyme, Hormone und anderer Stoffe, die als Radikalfänger oder auch Antioxidanzien bezeichnet werden. Werden mehr freie Radikale gebildet als neutralisiert werden können, spricht man von oxidativem Stress. Dieser wird in Verbindung mit einer Reihe von Erkrankungen gebracht und ist maßgeblich am Alterungsprozess der Zellen beteiligt. Zu den Antioxidanzien zählen unter anderem die Enzyme Superoxiddismutase und die Glutathionperoxidasen, aber auch Vitamine wie beispielsweise Vitamin E und Vitamin C. Als Enzymbestandteile sind indirekt auch die Spurenelemente Mangan, Kupfer, Zink und insbesondere Selen wichtig für die Abwehr freier Radikale.
Neben den Glutathionperoxidasen ist Selen auch Bestandteil der Dejodinasen. Diese Enzyme aktivieren und deaktivieren die Schilddrüsenhormone. Sie haben im gesamten Körper eine zentrale Bedeutung und regulieren unter anderem den Energie- sowie den Proteinstoffwechsel und damit auch ganz entscheidend das Wachstum und die Bildung der Muskulatur.
- INFO TO GO - Selen für Pferde
- Selen ist ein essenzielles Spurenelement, das dem Pferd über die tägliche Futterration zugeführt werden muss.
- Da die Schwelle zwischen Unter- und Überversorgung recht schmal ist, sollte der tägliche Bedarf eines Pferdes individuell ermittelt und an die körperliche Beanspruchung angepasst werden.
- Besonders Zuchtstuten, Jungpferde im Wachstum sowie Sportpferde haben einen erhöhten Selenbedarf, was bei der Rationsgestaltung beachtet werden sollte.
Selenbedarf des Pferdes
Der tägliche Bedarf an Selen kann bei Pferden recht unterschiedlich ausfallen und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Nach den neuesten Empfehlungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) liegt der Grundbedarf erwachsener Pferde bei täglich etwa 0,01 mg Selen pro kg metabolischer Körpermasse (mg/kg0,75). Für ein 600 kg schweres Pferd sind das etwa 1,2 mg Selen pro Tag. Für Sportpferde, Zuchtstuten, Fohlen sowie Jungpferde im Wachstum werden 0,015 mg/kg0,75 empfohlen, was für ein 600 kg schweres Pferd rund 1,8 mg Selen pro Tag ergibt. Der individuelle Bedarf sollte also für jedes Pferd gesondert ermittelt und auch an die aktuelle körperliche Beanspruchung angepasst werden.
Die tägliche Selenaufnahme mit einer typischen Heu-Getreide-Ration
Die Futterration wird häufig aus Heu oder Heulage als Raufutter sowie Getreide zur Energieaufwertung zusammengestellt. Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist das eine absolut sinnvolle Ration. Allerdings sollte man auch immer die Versorgungslage mit Vitaminen und Mineralstoffen überprüfen, was wir im Folgenden am Beispiel des Spurenelements Selen tun wollen. Unsere Beispielration ist für ein Großpferd mit einem Gewicht von 600 kg Lebendgewicht und leichter Arbeitsbelastung bestimmt. Es bekommt 8 kg gutes, spät geschnittenes Heu sowie 2 kg Hafer. Mit dem Heu nimmt das Pferd pro Tag etwa 0,8 mg Selen auf, der Hafer liefert nochmal etwa 0,16 mg. Das ergibt eine Selenaufnahme von ca. 0,96 mg pro Tag. Wie oben bereits erwähnt, liegt der Bedarf bei etwa 1,2 mg. Die Ration weist demnach ein Defizit von 0,24 mg Selen auf. Das klingt im ersten Moment nach wenig und man könnte dazu neigen, dieses Defizit unter den Tisch fallen zu lassen. 0,24 mg sind aber im Bereich der Spurenelemente eine Menge, weshalb eine solche Ration unbedingt mit Hilfe eines ausbalancierten Mineralfutters ergänzt werden sollte, da sonst auf lange Sicht ein Selenmangel auftreten kann.
Symptome der Selenunterversorgung beim Pferd
Bei erwachsenen Pferden sind eindeutige Selen-Mangelerscheinungen nicht bekannt. Eine Selen-Unterversorgung kann aber zu einer Schwächung der Infektionsabwehr, allgemeiner Leistungsschwäche sowie zu einer Degeneration der Muskulatur führen. Da Selen durch seine Wirkung auf die Schilddrüsenhormone eine wichtige Rolle bei Wachstum und Entwicklung spielt, ist eine ausreichende Zufuhr bei Fohlen besonders wichtig. Dafür muss die Selenversorgung bei tragenden und laktierenden Stuten sichergestellt sein. Bei Fohlen, die nicht ausreichend mit Selen versorgt werden, können spezifische, degenerative Veränderungen an der Herz- und Skelettmuskulatur auftreten. Betroffene Fohlen haben Schwierigkeiten beim Stehen und Gehen und insbesondere beim Saugen. Die Überlebenschancen dieser Fohlen sind entsprechend schlecht.
Wann liegt ein Selenmangel beim Pferd vor – das Blutbild
Um den Versorgungsstatus von Selen beim Pferd zu untersuchen, ist ein Blutbild eine recht verlässliche Methode. Optimal ist es, wenn sich der Blut-Selenwert etwa im mittleren Bereich zwischen den beiden Referenzwerten bewegt. Der Referenzbereich reicht in der Regel von 100 bis 200 µg/l. Nähert er sich stark dem unteren oder dem oberen Referenzwert, sollte die tägliche Selenversorgung des Pferdes bereits angepasst werden. Denn wie bei vielen anderen Blutwerten auch, reagiert der Selenwert im Blut etwas verzögert, als der in der Muskulatur. Befindet sich der Blut-Selenwert noch im Normbereich, kann er in der Muskulatur bereits deutlich weiter verschoben sein. Indirekt können auch die Muskelwerte Creatinkinase (CK), Laktatdehydrogenase (LDH) sowie Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) einen Hinweis auf einen Selenmangel geben. Sind diese Werte erhöht und kann kein anderer Grund dafür gefunden werden lohnt es sich, den Gehalt im Blut nachzuuntersuchen. Denn erhöhte Muskelwerte können auch die Folge eines Selenmangels sein.
Folgen einer Überversorgung mit Selen beim Pferd
Selen ist das Spurenelement, bei dem der Bereich zwischen Mangel und Überversorgung mit Abstand am geringsten ist. Da eine Überversorgung recht gravierende Folgen für das Pferd haben kann, sollte die Selenversorgung wirklich genau geprüft werden. Allerdings darf Selen deswegen nicht verteufelt werden; es ist ein essenzielles Spurenelement und damit für das Pferd lebenswichtig. Nur trifft eben hier der alte Spruch von Paracelsus „Allein die Dosis macht, ob ein Ding ein Gift ist oder nicht“ besonders gut zu.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Selenvergiftungen beim Pferd. Eine chronische Selenvergiftung tritt dann auf, wenn über einen Zeitraum von mehreren Wochen erhöhte Selenmengen aufgenommen werden. Anzeichen für eine akute Selenvergiftung sind Haarverlust an Mähne und Schweif, Lahmheit sowie ringförmige Einschnürungen an den Hufen, denen im schlimmsten Fall ein Ausschuhen der Hornkapsel folgt. Grund dafür ist die „Kompatibilität“ von Selen mit Schwefel. Bei einer Überversorgung mit Selen verdrängt dieses Spurenelement den Schwefel in verschiedenen schwefelhaltigen Aminosäuren (Methionin, Cystin und Cystein). Da diese eine wichtige Rolle bei der Keratinbildung spielen, beeinträchtigt eine Überversorgung mit Selen auf lange Sicht die Qualität des Keratins und damit die Festigkeit des Horns. Eine chronische Selenvergiftung kommt in der Regel nur bei falscher Dosierung selenhaltiger Futtermittel vor.
Neben der chronischen Selenvergiftung tritt bei der Aufnahme von etwa 3 mg Selen pro kg Körpergewicht eine akute Selenvergiftung auf. Bei einem 600 kg-Pferd entspricht diese Angabe etwa 2 g Selen. Anzeichen hierfür sind starkes Schwitzen sowie Koliken. Eine akute Selenvergiftung tritt meistens dann auf, wenn ein Pferd unkontrolliert große Mengen eines selenhaltigen Futters frisst, beispielsweise dann, wenn es sich aus der Box befreit hat und sich über die Futtervorräte hermacht. Futtermittel, die hohe Gehalte an Vitaminen oder Spurenelementen aufweisen, sollten daher immer so aufbewahrt werden, dass die Pferde auch dann nicht drankommen, wenn sie unbeaufsichtigt im Stall herumlaufen.
Die richtige Dosierung von Selen fürs Pferd – Expertentipp
Wie bei allen anderen Vitaminen und Mineralstoffen gilt auch für Selen, dass die tägliche Zufuhr möglichst gut an den tatsächlichen Bedarf des Pferdes angepasst sein sollte. Natürlich ist es möglich, im Rahmen einer Blutuntersuchung den Versorgungsstatus zu überprüfen und einen eventuellen Mangel dann durch die kurweise Gabe eines hochdosierten Futterpräparates auszugleichen. Gesünder für den Pferdekörper ist es aber auf jeden Fall, die tägliche Ration so zu gestalten, dass es weder zu einem Mangel noch zu einer Überversorgung kommt.
- Für ein Pferd in Ruhe oder leichter Arbeit reicht die Versorgung über ein gut ausbalanciertes Mineralfutter in der Regel aus. In der Beispielration wurde ohne Mineralfutter ein Selendefizit von rund 0,24 mg pro Tag festgestellt. Dieses Defizit deckt ein Mineralfutter wie beispielsweise MASTERHORSE BASIS problemlos ab.
- Wichtig ist eine erhöhte Selenzufuhr besonders bei trächtigen und laktierenden Stuten sowie bei wachsenden Pferden. Für Zuchtstuten empfehlen sich generell Zusatzfuttermittel für Sportpferde wie das MASTERHORSE SPORT. Durch den leicht erhöhten Selengehalt versorgt es sowohl Sportpferde als auch Zuchtstuten und wachsende Pferde bedarfsgerecht mit allen wichtigen Nähr- und Vitalstoffen – auch mit Selen.
- Für wachsende Pferde eignet sich besonders MASTERHORSE JUNIOR. Neben einem erhöhten Selengehalt sind hier auch die Gehalte aller anderen wichtigen Nähr- und Vitalstoffe an den Bedarf von Jungpferden im Wachstum angepasst.
- Zum Zeitpunkt des Antrainierens kann auf das MASTERHORSE SPORT umgestellt werden.
- Den höchsten Selenbedarf haben Sportpferde bzw. Pferde im Aufbautraining. Durch die erhöhte Muskelarbeit werden vermehrt Stoffwechselprodukte in Form von freien Radikalen gebildet. Für deren Neutralisation werden auch vermehrt Antioxidanzien benötigt. MASTERHORSE TRAINING deckt nicht nur den erhöhten Bedarf an Selen sondern liefert zusätzlich Vitamin E sowie die Aminosäure Lysin zur Unterstützung der Muskelbildung.
- Wird bei einer Blutuntersuchung ein Selenmangel diagnostiziert, sollte dieser möglichst rasch mit Hilfe eines hochdosierten Selenpräparates ausgeglichen werden. Die MASTERHORSE-SELEN-TABS liefern Selen in einer gut verfügbaren Form und gleichen den Mangel schnell und zuverlässig aus.
- Wird neben Selen auch ein Zinkmangel festgestellt ist es sinnvoll, ein Kombinationspräparat zu verabreichen. MASTERHORSE SELEN-PRO enthält neben Selen zusätzlich weitere wichtige Spurenelemente.