Gerste in der Pferdefütterung

Die Gerste, unter dem lateinischen Namen Hordeum vulgare bekannt, gilt als das älteste vom Menschen kultivierte Getreide. Archäologische Funde lassen darauf schließen, dass die Gerste bereits vor rund 800.000 Jahren existierte. Für den Verzehr wurde im südlichen Zentralasien und im Vorderen Orient vor etwa 10.000 Jahren damit begonnen, sie zu domestizieren.

Auch als Pferdefutter hat sich die Gerste im Laufe der Jahre einen Namen gemacht. Häufig entsteht unter den Besitzer aber die Diskussion darüber, was sich für die Pferde besser eignen würde – Gerste oder Hafer? Gibt das eine mehr „Power“? Ist das andere leichter verdaulich? Oder gibt es eventuell noch weitere Alternativen? Diesen Fragen möchten wir im folgenden Expertentipp auf den Grund gehen. Eine der wichtigen Grundlagen der Pferdefütterung ist die Deckung des Energie- und Nährstoffbedarfs.

Reicht Heu alleine dazu nicht aus, ist Hafer oft das Getreide der Wahl, wenn es darum geht, eben diesen abzudecken. An zweiter Stelle steht die Gerste, auf die gerne zurückgegriffen wird, wenn die Pferde buchstäblich „der Hafer sticht“. Sprich, wenn die Pferde den Hafer nicht vertragen und nach einem alternativen Energielieferanten gesucht werden muss. Denn nur, wenn die Pferde ausreichend Energie zu sich nehmen, können sämtliche Vitalfunktionen aufrechterhalten und körperliche Leistungen erbracht werden. Der wesentliche Energieträger dabei ist die Stärke.

Gerste im Vergleich zu den anderen Kraftfutterarten fürs Pferd

Neben Hafer und Gerste steht auch der Mais als stärkehaltiger Energieträger zur Fütterung der Pferde zur Verfügung. Doch wer die Wahl hat, hat eben auch die Qual. Denn:

  • Welches der drei Futtermittel hat die am leichtesten verfügbare Energie?
  • In welcher Darreichungsform sollte welches verfüttert werden, damit den Pferden die Energie optimal bereitgestellt werden kann?
  • Welches Futtermittel verfügt darüber hinaus über andere wichtige Komponenten wie hochwertige Fette, Aminosäuren etc.?

Wir ziehen den direkten Vergleich:
Ein Gerstenkorn ist per se sehr hart und kann von den Pferdezähnen nur schwer zerkleinert werden und gilt somit – auch aufgrund der enthaltenen Stärkestruktur - als schwer verdaulich. Im Vergleich zu Hafer wird dies schnell deutlich: Die Stärke aus ganzem Hafer kann zu etwa 84% im Dünndarm aufgeschlossen werden, die der ganzen Gerste nur zu 22%. Daher empfiehlt es sich, die Gerste in geflockter oder gepoppter Form zu füttern. Denn so erreicht sie sogar einen höheren Gehalt an verdaulicher Energie als Hafer.

Zum Vergleich: Etwa 900 Gramm aufgeschlossene Gerste entsprechen dann der Ration von einem Kilogramm Hafer. Da die Energie aus der Gerste im Vergleich zu Hafer oder Mais langsamer in den Organismus des Pferdes einfließt, spricht man hier von einer „langanhaltenderen Energie“.

Hafer hat gegenüber der Gerste größere und auch weichere Körner, die die Pferde besser kauen und somit recht einfach „selbst öffnen“ können. Im Vergleich der nicht vorverarbeiteten Getreidekörner hat er also eindeutig die Nase vorne, was den nutzbaren Stärkegehalt und die schnelle Verfügbarkeit der Energie anbelangt. Dazu enthält er die hochwertigeren Fette im Vergleich zur Gerste.Nicht zu vernachlässigen ist auch sein hoher Anteil an essentiellen Aminosäuren. Alles in allem gilt er damit als „das Pferdegetreide“.

Mais hingegen ist im gepoppten oder wärmebehandelten Zustand noch energiereicher als die Gerste (ca. 850 Gramm ersetzen bereits ein Kilogramm Hafer), weswegen er sehr gerne zur Fütterung von Hochleistungspferden eingesetzt wird. Wird der Mais als Korn gefüttert, beträgt die Dünndarmverdaulichkeit der im Mais enthaltenen Stärke allerdings nur 29%, weshalb sich eine derartige Fütterung nicht empfiehlt. Im Hinblick auf den Anteil an Amino- und Fettsäuren reiht sich der Mais generell hinter dem Hafer ein.

  • INFO TO GO - Gerste in der Pferdefütterung
  • Im aufgeschlossenen Zustand (geflockt oder gepoppt) verfügt die Gerste über einen höheren Anteil an leicht verdaulicher Energie, die darüber hinaus als langanhaltender als bei allen anderen Getreidearten gilt.
  • Aufgeschlossene Gerste kann somit optimal an Sportpferde oder an Pferde, die keinen Hafer vertragen, als Kraftfutter gefüttert werden.
  • Im nicht verarbeiteten Zustand ist die Gerste mit Vorsicht zu genießen: Das Pferd wird in diesem Fall die Stärke im Dünndarm nur minimal aufnehmen, was Verdauungsstörungen im Dickdarm zur Folge haben kann.

Nährwerte und Verdaulichkeit der Gerste

Um den Nährwert der Gerste umfassend zu beurteilen, sollte man mehrere Gesichtspunkte genauer betrachten. Zu den wichtigsten Kriterien zählen hierbei die Trockensubstanz, Rohprotein- und Rohfaser. Der Energiegehalt und die Verdaulichkeit helfen ebenfalls bei der Beurteilung. Auch hier haben wir die Gerste einmal genauer unter die Lupe genommen und den direkten Vergleich zu Hafer und Mais aufgeführt:

Nährwerte und Verdaulichkeit der Gerste

Vorteile der Gerstenfütterung des Pferdes

Gerste ist – wie bereits erwähnt – bekannt als langanhaltendere und „ruhige“ Energiequelle für die Sportler und dazu besonders gut geeignet für Pferde, die keinen Hafer vertragen. Dabei werden eiweißarme Sorten wie zum Beispiel die Braugerste bevorzugt. Die hydrothermisch aufgeschlossenen Gerstenflocken besitzen durch die Behandlung mit Wasserdampf und Wärme im Gegensatz zu unbehandelter Gerste eine deutlich höhere Stärkeverdaulichkeit. Die Gefahr für Verdauungsstörungen, die ganze Gerstenkörner bei vielen Pferden verursachen können, wird damit deutlich gemindert.

Die Gefahren bei der Verfütterung von Gerste ans Pferd

Bei der Fütterung nicht aufgeschlossener Gerste kann es allerdings zu nicht wünschenswerten Folgeerscheinungen kommen: Überhöhte Mengen steigern zum einen das Risiko der Entstehung von Hufrehe oder Koliken. Wie oben angeführt ist die Dünndarmverdaulichkeit unbehandelter Gerste nicht optimal für den Verdauungstrakt der Pferde. Daher besteht zum anderen die Gefahr, dass bei einer derartigen Fütterung ein Großteil davon unverdaut in den Darmtrakt gelangt und es dort zu einer Verschiebung der Darmflora kommen kann.

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